Das Kanalisationssystem
Winterthurs unterirdischer Labyrinth: Ein Blick in die Kanalisation
Unter den Strassen Winterthurs und der umliegenden Gemeinden verbirgt sich ein komplexes Netzwerk aus Rohren und Kanälen. Dieses über 320 Kilometer lange System sorgt dafür, dass Abwasser zuverlässig abgeleitet und gereinigt wird. Mit einem geschätzten Wert von rund einer Milliarde Franken stellt es eine bedeutende Infrastruktur dar.
Die Topografie Winterthurs stellt besondere Anforderungen an das Kanalisationsnetz. Die Stadt liegt im Tal der Eulach, umgeben von Hügeln wie dem Lindberg und dem Eschenberg. Ein ausgeklügeltes System von Freispiegelleitungen und einzelnen Pumpwerken transportiert das Abwasser zuverlässig zur Kläranlage.
Bis ins 19. Jahrhundert wurden Fliessgewässer, wie der Stadtbach, die Eulach und die Töss als natürliche Abwasserentsorgung genutzt. Mit der Verbreitung von Cholera und Typhus Mitte des 19. Jahrhunderts und mit dem Beginn der Industrialisierung entstand die Notwendigkeit, mit Abwasser systematisch umzugehen. Es entstanden erste Kanalisationsbauten, und 1885 wurde stadtweit die Schwemmkanalisation eingeführt.
Die Winterthurer Kanalisation ist eng mit der Industriegeschichte der Stadt verbunden. Grosse Industriebetriebe wie Sulzer, Rieter oder die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM) hatten einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung und Dimensionierung des Kanalisationsnetzes.
Ein wichtiger Schritt war die Erstellung des Generellen Kanalisationsprojekts (GKP) im Jahr 1976, das in den 1990er-Jahren durch den umfassenderen Generellen Entwässerungsplan (GEP) abgelöst wurde. Dieser steuert die Siedlungsentwässerung und zeigt den Ist-Zustand des Entwässerungsnetzes auf. So wird der substanzielle Wert des Kanalisationsnetzes von rund einer Milliarde Franken effizient erhalten.
Das Winterthurer Kanalisationsnetz dient nicht nur der Stadt selbst. Elf umliegende Gemeinden haben ihre Abwasserreinigungsanlagen aufgehoben und ihr Netz an das Winterthurer System angeschlossen. Dies erforderte aufwendige Projektierungsarbeiten, einschliesslich des Baus von Abwasserstollen in anspruchsvollem Gelände.
Unterschiedliche Systeme
In Winterthur kommen zwei Entwässerungssysteme zum Einsatz:
- Mischsystem: In etwa 80 Prozent des Stadtgebiets werden Schmutz- und Regenwasser gemeinsam abgeleitet.
- Trennsystem: In neueren Gebieten und in Gewässernähe wird das saubere Regenwasser separat vom Schmutzwasser direkt in Fliessgewässer abgeleitet. Dabei wird es vorgängig von festen Schmutzpartikeln gereinigt.
Zunehmend wird angestrebt, Regenwasser vor Ort versickern zu lassen und wo möglich gezielt zur Bewässerung und zur Kühlung zu verwenden.
Zur Bewältigung starker Regenfälle verfügt Winterthur über sechs grosse Regenbecken und rund 50 Regenüberläufe. Das neueste Regenbecken Talacker wurde 2020 fertiggestellt. Diese Becken fangen überschüssiges Mischwasser auf und geben es kontrolliert an die Kläranlage ab.
Was uns beschäftigt
Das Kanalisationsnetz steht vor verschiedenen Herausforderungen:
- Alterung der Infrastruktur: Viele Kanäle sind über 100 Jahre alt und müssen ersetzt werden – so wie auch hier in der Hard.
- Klimawandel: Zunehmende Hitzeperioden und veränderte Niederschlagsverteilung stellen neue Anforderungen an den Umgang mit Regenwasser.
- Neuartige Abwasserinhaltsstoffe: Schadstoffe wie Mikroplastik oder Arzneimittelrückstände erfordern innovative Reinigungsmethoden.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, investiert die Stadt Winterthur jährlich über 10
Millionen Franken in den Erhalt und die Modernisierung des Kanalisationsnetzes.
Winterthur setzt auf zukunftsweisende Technologien
Winterthur setzt sich auf vielfältige Weise mit dem Thema «Schwammstadt» auseinander. Um den natürlichen Wasserkreislauf zu unterstützen, wird dabei neben der Versickerung vermehrt Regenwasser gespeichert und zur Bewässerung und Kühlung eingesetzt.
Ein wichtiger Aspekt der Kanalisationsbewirtschaftung ist die regelmässige Inspektion und Reinigung der Rohre. Die Stadt Winterthur setzt dafür modernste Technologien ein, wie zum Beispiel Kanalroboter mit Kameras, die den Zustand der Leitungen erfassen und dokumentieren. Diese Daten fliessen in ein digitales Kanalinformationssystem ein, das die Grundlage für die Unterhalts- und Sanierungsplanung bildet.
Weitere Informationen zum Thema Abwasser und Gewässer in Winterthur finden Sie auf der Website Abteilung Entwässerung des Tiefbauamtes.