Interview Amt für Stadtentwicklung
«Wir können hier ein Stück Urbanität schaffen». Die Entwicklungsstrategie «Winterthur 2040» sieht Neuhegi-Grüze als wichtigen Teil des «Urbanen Rückgrats». Was in den nächsten Jahren hier passieren wird, erläutert Bettina Furrer, Leiterin des Amts für Stadtentwicklung.
Frau Furrer, weshalb entsteht genau beim Bahnhof Grüze ein ÖV-Hub?
Bettina Furrer: Die kurze Antwort auf die Frage ist: weil der Bahnhof Grüze der potenziell zweitwichtigste Winterthurer Bahnhof ist, strategisch optimal an der Gabelung von drei Bahnlinien gelegen.
Die etwas längere Antwort ist: weil das Gebiet Oberwinterthur/Grüze mit seinem Kern Neuhegi-Grüze seit 1996 ein Zentrumsgebiet von kantonaler Bedeutung ist.
In der Planung der Stadt Winterthur bildet Neuhegi-Grüze deshalb ein wichtiges Element im «Urbanen Rückgrat», also dem Zentrumsgebiet der Stadt, das sich von Töss über den Hauptbahnhof nach Oberwinterthur zieht. In diesem Gebiet soll Winterthur wachsen. Stadtverträgliches Wachstum klappt aber nur, wenn verschiedene Faktoren zusammenspielen: eine dichte Bebauung mit verschiedenartiger Nutzung, eine hohe Aufenthaltsqualität mit attraktiven Freiräumen und natürlich eine erstklassige Anbindung an den öffentlichen Verkehr. Diese erstklassige Anbindung ermöglicht die Querung Grüze mit einer optimalen Verknüpfung von Bahn und Bus.
1996 ist gut 30 Jahre her – haben sich da nicht die Planungsgrundlagen mehrfach verändert?
Bettina Furrer: Ja und nein. Dass der Kanton Zürich und die Stadt Winterthur wachsen, war schon 1996 einer der treibenden Gedanken hinter der Festlegung von Oberwinterthur als strategische Wachstumszone. Mit der Strukturveränderung von Sulzer in den achtziger Jahren wurde absehbar, dass sich das Industriegebiet zwischen Bahnhof Grüze und Ohrbühlstrasse grundlegend verändern würde.
Vor diesem Hintergrund wurde 2007 entschieden, den Kern von Neuhegi-Grüze auch langfristig als Arbeitsplatzgebiet zu nutzen. Mit den drei umgebenden Bahnstationen als Eingangspforten bot sich aber die Möglichkeit, das Gebiet mit weiteren Nutzungen zu entwickeln, also auch Räume fürs Wohnen, für die Quartierversorgung und für Erholung zu schaffen. Dem Umfeld des Bahnhofs Grüze mit der neuen Leonie-Moser-Brücke kommt dabei eine besondere Rolle zu. Es bildet einerseits die Eingangspforte nach Neuhegi und bietet andererseits selber ein enormes Entwicklungspotenzial.
Ist Neuhegi-Grüze damit nicht bereits entwickelt?
Bettina Furrer: Neben dem Bau von Infrastrukturen ist es Aufgabe der Stadt, das Wachstum nachhaltig und stadtverträglich zu gestalten. Wir vom Amt für Stadtentwicklung unterstützen dies, indem wir Winterthur als prosperierenden und innovativen Wirtschaftsstandort sowie als attraktiven Wohn- und Lebensraum fördern.
Das klingt erst mal sehr theoretisch. Was heisst das konkret?
Bettina Furrer: Wichtig ist uns, dass die Arbeitsplatzgebiete im Umfeld Grüze ein unverwechselbares Profil erhalten und damit einen wichtigen Beitrag zu einem attraktiven Wirtschaftsstandort Winterthur leisten können. Dazu stehen wir unter anderem im Austausch mit verschiedenen Akteuren, die eine wichtige Rolle vor Ort spielen: die Grundeigentümer und ansässige Betriebe. Wir tragen zu deren Vernetzung bei, beispielsweise mit der zielgerichteten Unterstützung bei der Schaffung von sogenannten Innovationsökosystemen. Dabei geht es um Kooperationen und den Austausch von Ideen und Wissen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft.
Eine wichtige Voraussetzung zur Gestaltung des Wachstums ist auch das Sammeln, Standardisieren und Interpretieren von vielfältigen Daten. Damit können städtische Dienste und Infrastrukturen vor Ort optimiert werden – zum Beispiel beim Festlegen von Dimensionierungen von geplanten Infrastrukturbauten, bei der Angebotsplanung von Stadtbus oder bei der Planung von Schulgebäuden.
Worauf freuen Sie sich, wenn Sie an Neuhegi-Grüze in der Zukunft denken?
Bettina Furrer: Dass hier ein neuer urbaner Ort entsteht, ein Lebensraum, in dem die Menschen gern arbeiten, wohnen und sich austauschen. Mit dem Eulachpark konnte bereits 2010 ein erster Meilenstein auf diesem Weg eröffnet werden. In den letzten 14 Jahren wurden von privaten Investoren viele weitere Vorhaben realisiert. Die Querung Grüze wird einen neuen Entwicklungsschub auslösen, der auf das gesamte Gebiet ausstrahlen und dieses aus
seinem Dornröschenschlaf wecken wird.
Sichtbar wird diese Dynamik bereits heute mit spannenden Projekten, wie zum Beispiel dem neuen Firmensitz der Firma Keller Druckmesstechnik oder dem Hochhaus Oase.
Das Amt für Stadtentwicklung ist eine Abteilung des Departements Präsidiales und direkt dem Stadtpräsidenten unterstellt.
Es beschäftigt sich mit den drei Themen «Wohn- und Lebensraum», «Wirtschaftsstandort» und «Smart City» und ist an den Schnittstellen von Bevölkerung, Politik, Wirtschaft, Hochschulen und Verwaltung tätig.
Seit 2020 leitet Bettina Furrer ein Team von 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie ist Dr. sc. ETH. Mehr über Bettina Furrer und ihren Job erfahren Sie in diesem Interview.