Werner WAL Frei
*1954 / Malerei, Zeichnung, Fotografie, Objekte, Grossplastik
http://wernerwalfrei@bluewin.ch, wernerwalfrei@bluewin.ch
Während der Mittelschule besuchte Werner WAL Frei erste Kurse in Ölmalerei und Siebdruck. Im Anschluss an den Vorkurs an der Kunstgewerbeschule in Zürich, den er 1974 besuchte, war Frei als freischaffender Künstler oft auf Reisen. Von 1977 bis 1979 liess er sich zum Kunstglaser/Glasmaler ausbilden. Danach arbeitete er während sieben Jahren als Restaurator. Unter anderem restaurierte er kirchliche Fresken und rekonstruierte historische Fassadendekorationen. Wieder als freischaffender Künstler tätig, nahm er seit 1985 regelmässig an den Zürich-Land-Ausstellungen teil. Seit 1989 ist er Mitglied der Künstlergruppe Winterthur. Seine Webseite vermittelt einen umfassenden Einblick in sein künstlerisches Schaffen, das zwischen Realität und Imagination pendelt. Ein befremdliches, ganz und gar unheimliches Bild aus den Jahren 1975/76 trägt den Titel «ich ging im Walde so für mich hin, …petri heil». Die surrealistische Komponente dominiert sein Frühwerk. In den achtziger Jahren wird sein Schaffen zunehmend expressiv. Zudem rücken urban-modernistische Motive wie Grossbaustellen und Autobahnen in den Vordergrund. Mit Wachsstift schuf Frei damals seine ersten Wachsstift-Bilder mit Baugerüsten, Gerüstnetzen und Abschrankungen. In der Publikation der Künstlergruppe Winterthur aus dem Jahr 1989 schreibt Frei: «Die dominanten, rot-weissen Bauabschrankungen stehen als Symbole der Vorstellung, der Imagination. Sie sind Signale, Zeichen, die noch vieles offen lassen. Die Grube und das Fundament in ihr ist gemacht, was darauf wächst, könnte interessant sein, sogar Hoffnung wecken…» Das Verhältnis von Architektur und Malerei bzw. von dreidimensionalen Strukturen und Farben untersuchte Frei über Jahre nicht nur in Bildern, sondern ebenso in dreidimensionalen Arbeiten. Um 2006 kehrt mit nächtlichen Stadtansichten die romantische Dimension zurück in seine Bildwelt zurück. 2011 teilte er mit Edith Truninger das Atelierstipendium für Kairo. Der Aufenthalt hinterliess bei Werner WAL Frei tiefgreifende Spuren. (lac)
Séries noires -ruelle (2008)
Technik: Wachsstift auf Fotokarton auf MDF
Masse: 55 x 55 cm
Standort: EG Pion 11/13
Die «Séries noires» aus den Jahren 2008 bis 2010 vermitteln «Stimmungen an Orten und zu Tageszeiten, an und in welchen sich auch ein gewisses Unbehagen oder Verunsicherung einstellt». (Zitat Frei). Auch wenn diese einsamen Stadtlandschaften von nächtlicher Schwärze triefen und das Schwarz den Grundton liefert, haftet diesen Blättern eine eigentümliche Faszination an: Das spärliche Licht von Mond, Strassenlampen, beleuchteten Telefonkabinen und Fensters und dessen Widerschein auf der Strasse, im Laubwerk der Bäume und im Schneegestöber zeugt von einer feinfühligen Beobachtungsgabe des Künstlers. Die präzise Wachsstift-Technik erweist sich als adäquates Darstellungsmittel, um die Atmosphäre, die alles Gegenständliche ins Erscheinungshafte verwandelt, empfindsam einzufangen und wiederzugeben. Die Dunkelheit wird nicht nur unheimlich, sondern ebenso als grosser Resonanzraum der Phantasie wahrgenommen. Die «Séries noires» beinhalten geheimnisvollen Lichtzauber, melancholische Tiefe und nachtwandlerische Luzidität. In diesen beiden Bildern nimmt das Laubwerk der Bäume den Lichtschein der Strassenbeleuchtung auf. Das Glitzern in Dunkeln verleiht der nächtlichen Situation die Schönheit eines Traumes.
2013 zeigte Werner WAL Frei eine Auswahl dieser Nachtbilder in der Einzelausstellung «Verunsichert» im Atelier Alexander in Wülflingen. Nach seiner Rückkehr aus Ägypten im März 2012 musste Werner WAL Frei aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten und den Rücktritt aus der städtischen Kunstkommission bekannt geben. Die schicksalsbedingte Auszeit bedeutete für den Künstler eine existentielle Verunsicherung, die er mit dem Ausstellungstitel mutig thematisierte. (lac)
an island or what are they hungry for? (2013)
Technik: Acryl auf Leinwand
Masse: 80 x 100 cm
Standort: 4. OG Pion 7
Werner WAL Frei weilte von November 2011 bis März 2012 in Kairo und erlebte dort hautnah Weltgeschichte. Sein Aufenthalt fiel mit der zweiten Welle des «Arabischen Frühlings» zusammen. Zwei Wochen nach seiner Ankunft begannen die Unruhen. Trotz bürgerkriegsähnlicher Situationen in der Innenstadt entschied er zu bleiben. Oft war er acht bis zehn Stunden zu Fuss unterwegs, um zu fotografieren – «…um zu schauen, zu riechen, die Leute zu spüren». Er schoss rund zweieinhalbtausend Aufnahmen, die er «unter heftigem Schmerz auf eine überschau- und vorführbare Menge reduziert» habe. Auf die Frage, was ihm der Aufenthalt gebracht habe, meint Frei bei einem Interview: „Verunsicherung: Irrealität, irre Realitäten und das intensivste Erleben unserer chaotischen, wuchernden, unsicheren Welt und Existenz.“ Sein schönstes Erlebnis war nach eigener Aussage die Silvesterfeier auf dem Tahrir-Platz mit über 50‘000 Menschen, die nach vielen Jahren Versammlungsverbot erstmals öffentlich feiern konnten.
Die fotografische Ausbeute diente ihm als Ausgangspunkt für eine Reihe von Kairo-Bildern mit Dachlandschaften des Stadtteils Al Sayyeda Zainab. Die unzähligen Satellitenschüsseln verkörpern für den Künstler einen virulenten Information- und Unterhaltungshunger. Frei: «Eine Farb-Insel inmitten von mehrheitlich rotbraunen Backsteinbauten, auf und an denen Hunderte von Satellitenschüsseln montiert sind. Was verbirgt sich hinter den sichtbaren, teils riesengrossen Schüsseln? Neugierde, Interesse an der Welt und den Realitäten, oder sind sie eher Zeichen für Unterhaltung, Zerstreuung oder gar Illusionen und den – mit ihnen verbundenen – falschen Hoffnungen?». (lac)