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Katharina Henking

*1957 / Zeichnung, Papierschnitt, räumliche Installationen, Kunst und Bau

katharinahenking.ch, katharinahenking@bluewin.ch

Von 1975 bis 1980 absolvierte Katharina Henking den Vorkurs und die Grafikfachklasse an der Schule für Gestaltung in St. Gallen. Nach einem Abstecher in den Ausdruckstanz fokussierte sie sich auf die Bildende Kunst.

In den achtziger Jahren schuf sie unter dem Einfluss der Neuen Wilden meist kleinformatige, autobiografisch gefärbte Zeichnungen in Pastell und Kohle zu Themen wie Mutterschaft, die Rolle der Frau in der Gesellschaft und die Beziehung zwischen den Geschlechtern. Um 1990 leitete ein persönlicher Neuanfang, der mit dem Umzug nach Winterthur einherging, eine künstlerische Neuorientierung ein. Die gegenständlich-figurative Bildsprache wurde zunehmend abstrakter. Bilder aus jener Zeit gaben alltägliche Gegenstände als rätselhafte Kürzel wieder. Ab 1990 schuf Henking mehrheitlich Arbeiten in Schwarz-Weiss und Grautönen, bald darauf folgten die ersten Papierschnitte, die zu Serien und raumgreifenden, ortsbezogenen Installationen anwuchsen. Ein eindrückliche Scherenschnitt-Installation zeigte Henking 1995 in den Büroräumen der ehemaligen Bankgesellschaft Winterthur, kurz bevor diese umgebaut wurden. Allmählich erweiterte Henking das der Dingwelt abgeleitete, verschlüsselte Zeichenvokabular um ornamentale Elemente. Um 2003 adaptierte sie Sujets aus den Printmedien, um ihrem Unbehagen gegenüber dem Zeitgeschehen Ausdruck zu verleihen.

Ende 2012 führten ernsthafte Erwägungen, die Kunst aufzugeben und das eigene Werk zu zerstören, zu einer tiefgreifenden Transformation des künstlerischen Œuvres: Eine räumliche Installation aus geschredderten Zeichnungen und Objekten aus Papierschnitten, die Henking im Forum Vebikus in Schaffhausen präsentierte, markierte die endgültige Zuwendung zum dreidimensionalen Schaffen. Für die Entstehung der mobileartigen Gebilde verwendet sie nebst Papier zunehmend andere Materialien, die vor allem aus der Natur stammen. Die Abgründigkeit von Henkings Arbeiten liegt darin, dass sie aufgrund ihrer ornamental-repetitiven Struktur und ihrer Verwandtschaft mit traditionellen Techniken (neben Scherenschnitt auch Textilhandwerk) auf den ersten Blick dekorativ-harmlos wirken, doch oft Ohnmacht und Gewalt thematisieren. (lac)

Bild Legende:

Ohne Titel (1998)
Technik: Acryllack auf Zeitungspapier, Papierschnitt in zwei Lagen zwischen Plexiglas klar und opal
Masse: 70 x 70 cm
Standort: 5. OG Pion 7

Unter dem Eindruck von Matisse «gouaches decoupées» wandte sich Henking Ende der neunziger Jahre dem Papierschnitt zu. Die Loslösung der Formen vom Papiergrund erlaubte nicht nur ein serielles Arbeiten mit der Schablone, sondern bot auch neue Möglichkeiten der Präsentation beispielsweise als Wandinstallation oder in Form einer Überlagerung wie bei dieser Arbeit. Die schwarze Einzelform beschränkt sich auf Umrisslinien. Getrennt durch halbtransparentes Plexiglas, wird sie von hellblauen konzentrischen Kreisen hinterfangen. Im raffinierten Zusammenspiel von minimalen, monochromen Formen liegt die Qualität dieses Werks.
«Diese Arbeit fällt in eine Zeit, als meine Papierschnittarbeiten, die sich stets im Dialog zu meinen Zeichnungen befanden, zeichenhaft waren und sich an Piktogrammen orientierten. Sie entstand hinsichtlich der Dezemberausstellung jenes Jahres und war Bestandteil einer fünfteiligen Serie. Damals bestanden die Sujets oft aus «mechanomorphen» Elementen, die sich zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit bewegten und sich in assoziativer Weise an Gebrauchsgegenständen, Maschinen und Fluggeräten orientierten. An dieser Arbeit ist speziell, dass sie aus zwei Schichten besteht, was zu einer räumlichen Wirkung führt. Die zweite Lage befindet sich hinter einem opalen Plexiglas und lässt dadurch das eigentlich tiefe Schwarz des Papiers grau erscheinen. Die kühle Ausstrahlung des Plexiglases sowie die Schrauben zur Halterung der insgesamt drei Plexigläser unterstreichen das Technische der geschnittenen Figuren und schaffen Distanz. Die Schrauben stehen rückwändig etwa 1 cm ab, was eine Distanz zur Wand ergibt und dazu führt, dass bei idealem Standort etwas Licht von hinten durchscheint und das «Bild» zu einem transluszierenden Objekt werden lässt, was die räumliche Wirkung verstärkt». (kh)

Bild Legende:

The future is bright II, 2003
Technik: Mischtechnik
Masse: 180 x 157 cm
Standort: EG Pion 7

Henking verwendet für ihre Arbeiten oft verheissungsvolle Titel, die ein Versprechen beinhalten – das Versprechen eines besseren Leben. Solche Versprechen kennt man Politik und Werbung. Die Erfahrung lehrt einem, die Glücksverheissungen selten eintreffen oder sonst ihren Tribut einfordern. So sind Henkings Umrisszeichnungen in Kohle, welche eine traumhaft-verspielte Jungmädchenwelt wiedergeben zu scheinen, stets doppelbödig aufzufassen. In diesem Bild kommt die Diskrepanz in der widersprüchlichen Kombination von überdimensionierten Blüten und rasendem Auto zum Ausdruck.
«The Future is bright» war ein Slogan der damals in der Schweiz noch relativ jungen Orange-Communication. Wie meist ergab sich der Titel aber erst in assoziativer Weise nach Vollendung des Werks. Ursprünglich bestanden drei Arbeiten mit diesem Titel, die ich speziell für die Dezemberausstellung 2004 fertigte und zwei davon ausstellen konnte. Diese Zeichnung zeigt ein sich in der Schräge befindendes Auto und von oben hängend zwei überdimensionierte Blumen, deren Köpfe wie Greifer wirken. Die Verschiebung der Proportionen hat etwas Irritierendes. Ungewöhnlich an diesen drei Arbeiten war, dass ich ausnahmsweise Farbe verwendete, einmal rot, einmal blau und wie hier, gelb in der Mischung mit Schwarz und, in der Ausführung der Zeichnung, Kohle. Das Papier war grundiert mit Leinöl, worauf ich in jener Schaffensphase meist mit selbst angerührter Farbe, normalerweise mit schwarzen Pigmenten oder auch mit Lackfarbe, arbeitete». (kh)

Bild Legende:

Wonderland (2008)
Technik: Kohlezeichnung
Masse: 130 x 150 cm
Standort: 5. OG Pion 7

«2007 bis 2010 führte ich grossformatige „Strichzeichnungen“ mit Kohlestift aus, nachdem ich davor die Sujets noch aus dem mit Kohle mehrschichtig verriebenen Papier heraus flächig herausarbeitete (eine subtraktive Technik, die ich später wiederaufnehmen und weiterentwickeln sollte). Damals wollte ich nur noch ”clean“ arbeiten und hatte sämtliche „Dreck“ verursachenden Techniken satt. Diese Zeichnung entstand für die Dezemberausstellung 2008; eine zweite ausgestellte (Belle de Jour) fiel gut vier Jahre später dem Schredder zum Opfer und wurde Bestandteil eines Objekts. Diese Zeichnung hätte es ebenfalls getroffen, wäre sie nicht von der Städtischen Sammlung Winterthur angekauft worden. An dieser Machart, die ich später mit Graphitstift mit gekringelter Strichbewegung weiterführte, interessiert mich das Reduzierte, der neue Kontext der Sujets, die aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang gelöst werden, die manchmal gänzliche Auflösung ihrer Deutung oder Bedeutung, das Spiel mit den Grössenverhältnissen und je nach Setzung der Sujets der weisse ”Raum“, aber auch die Konzentration auf den Strich, dessen Qualität gleichbleibend sein muss. Ich legte auf den Hellraumprojektor Gräser und die linear nachgezeichnete Abbildung einer Flutwelle, die ich aus den Printmedien bezogen hatte und durch diesen Abstraktionsprozess zu einem undefinierbaren Blasengebilde wurde, und führte so beide Sujets zu einer organischen Einheit zusammen». (kh)

Bild Legende:

Modern Times, 2014
Technik: Papierschnitt, Collage aus Schnittresten
Masse: 150 x 130 cm
Standort: 6. OG Pion 7

«Diese Collage fertigte ich 2014 hinsichtlich der Ausstellung ”Schnittstelle ”im Museum Bickel in Walenstadt an. Ich verwendete dafür Schnittresten, die beim Schneiden der Sujets für meist raumgreifende Wandpapierschnitt-Installationen abgefallen, also zufällig entstanden waren. Nachdem ich 2012/ 2013 den Grossteil meins Œuvres einer Transformation unterzogen hatte, blieben bis auf wenige auserlesene Ausnahme gerade noch diese Restteile in den Schubladen übrig. Es war immer mein Bestreben, beim Schneiden (mit Cutter!) so sorgfältig vorzugehen, dass der ”Abfall“ ebenfalls verwertet werden könnte, zumindest dann, wenn mir die Formen interessant genug erschienen.  In diesem Verfahren sind mehrere Serien entstanden». (kh)

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