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Rainer Alfred Auer

1937–2012 / Kunst im öffentlichen Raum, Malerei, Kunst am Bau, Wandbild, Siebdruck, Aktionskunst, Objektkunst, Environment, Multiple, Happening, Radierung, Grafik

www.raineralfredauer.ch

Rainer Alfred Auer besuchte von 1956 bis 1957 die Kunstgewerbeschule Zürich. Seine frühesten Werke sind gegenständlich gemalt. So schuf er im Jahr 1959 z. B. ein Stillleben mit Totenkopf. Bald darauf vollzog Auer einen radikalen Wechsel zur Pop-Art, was er später als «Jugendsünde» taxierte. Bereits damals lotete er das künstlerische Potenzial eines Themas mit Beharrlichkeit aus. So wies der Winterthurer Kunstkritiker Adrian Mebold 2013 – anlässlich der von Gerhard Piniel in den oxyd Kunsträumen eingerichteten Erinnerungsschau – auf: «Auers unbekümmerte und sehr direkte Aneignung der amerikanischen Pop-Art-Motive» wie Sexiness, Konsumalltag und Glamour, «…von Tom Wesselman und Andy Warhol in Hunderten von Varianten zelebriert». Nach seiner Abkehr von der Pop-Art und seiner Hinwendung zur konkreten Malerei deklinierte Auer in unzähligen Varianten die Teilung einer quadratischen Fläche. Dazwischen experimentierte er mit Objekten, Environments und Aktionen. In den siebziger Jahren führte «die Arbeit mit Prismenbrillen über systematische Farbuntersuchungen schliesslich zur konkreten Kunst», wie Christine Jenny im Prospekt zur Einzelausstellung, die 1998 im Kunstmuseum Winterthur stattfand. Bereits 1979 erhielt Auer zusammen mit weiteren sechs Winterthurer Künstlern eine Präsentation («7 winterthurer konkrete») im Kunstmuseum Winterthur. Auer war Mitbegründer der als Künstlerkollektiv geführten Galerie ge und seit 1986 Mitglied der Künstlergruppe Winterthur. Im Bereich Kunst am Bau gewann er wichtige Wettbewerbe – sein letztes, für den öffentlichen Raum konzipiertes Werk ist eine subtile Fassadengestaltung für Unterwerk Wülflingen 2004. Zudem realisierte Auer einige Aufträge für Winterthurer Schulhausbauten wie 1983 das Hängeobjekt im Neubau der Berufs- und Fortbildungsschule im Treppenhaus des Neubaus Mühletal (Tösstalstrasse 26). 2007 wurde er mit dem Carl-Heinrich-Ernst-Preis ausgezeichnet. Auer war für seinen handwerklichen Perfektionismus bekannt. (lac)

Werk(e) im Superblock

Bild Legende:

Weisse Kreuze (1989) /Technik: Acryl auf Baumwolle /Masse: 150 x 150 cm /Standort: 1. OG Pion 7

Von den Zürcher Konkreten waren es vor allem Max Bill und Richard Paul Lohse, die Auer anfänglich wichtige Anregungen zur Entwicklung eines eigenständigen konkreten Oeuvres lieferten. Adrian Mebold schrieb 2013 im Landboten: «Von Lohse übernahm er das systematische Entwickeln eines Bildprogramms, mit der Einführung der gewinkelten Linien und Formen distanzierte er sich radikal von den Zürcher Avantgardisten.».
1991 fand im Kunstmuseum Winterthur die 50-Jahre-Jubiläumsausstellung Zürich-Land statt. Die im Katalog abgebildete Arbeit beruht auf zwei für Auer typischen Prinzipien, jenes des Quadrates und dessen Potenzierung sowie der konsequenten Beschränkung der Farbpalette auf die Grundfarben Rot, Gelb, Grün, Blau sowie Schwarz und Weiss. Matthias Vogel greift im Begleittext einen weiteren wichtigen Aspekt von Auer Schaffen heraus: Der Einbezug von Diagonalen in den Quadratraster, «der bei Auer jeder quadratischen Grundform unterlegt wird – und durch Drehungen entstehen Dreiecke, Vielecke… Spielt der Künstler die Möglichkeiten im Modell durch, ergibt sich, dass nur wenige seiner Intention optimal entsprechen und auf grosse Leinwände übertragen werden.» Im vorliegenden Bild ist die Farbigkeit auf den Schwarz-Weiss-Kontrast reduziert. Durch die Progression der Formen von links nach rechts, die in einem regelmässigen quadratischen Muster endet, erfährt der Flächenrhythmus zuerst eine Dynamisierung und dann eine Beruhigung. (lac)

Werk(e) im Superblock

Betonungsvarianten, 1992 /Technik: Acryl auf Katon, 3er-Serie, Auflage 90/92 /Masse: 50 x 70 cm /Standort: 1. OG Pion 7

Die Variation eines gesetzten Themas war mit seriellem Arbeiten verbunden. Die Dreierserie «Betonungsvarianten» geht von drei mal drei Quadraten aus, die sich zu einem grossen Quadrat zusammenfügen. In den drei Blättern vollführt Auer die Entwicklung von Quadrat zum Dreieck. In der vertikalen Richtung wird die ins Quadrat eingeschriebene Form stets um einen Viertel reduziert, in horizontaler Richtung erfährt sie einen Zuwachs von 25 Prozent. Matthias Vogel schreibt im Zürich-Land-Katalog von 1991: «Ziel ist die Einheit des Auseinanderliegenden: Ordnung und Harmonie einerseits, flackernde Unruhe und zuckendes Getriebe andererseits. Dieser Gleichgewichtszustand, ruhevoll und energiegeladen zugleich, der dabei entsteht, hat Bezüge zur Lebenswelt.» (lac)

Werk(e) im Superblock

Bild Legende:

Rhythmische Veränderung (1997) /Technik: Acryl auf Baumwolle  /Masse: 150 X 150 cm /Standort: 2. OG Pion 7

Auers Arbeiten der konkreten Phase gehen stets vom Quadrat aus. Dies beginnt schon bei der Wahl des Formats. Seine künstlerischen Bestrebungen liegen darin, der quadratischen Grundform immer neue, auf mathematischen Berechnungen beruhende Flächenaufteilungen abzuringen.
Diese Komposition ist eine Weiterentwicklung der «Weissen Kreuze». Dieselbe Flächenaufteilung wird durch die Farbgebung neu betont. Zu Schwarz und Weiss kommen Grau und Blau hinzu, was die Lesart verändert. Die Komposition «Rhythmische Veränderungen» ist nicht mehr ein lineares System mit schwarzen und weissen Füllungen, sondern besteht aus zwei Reihen schwarzen und grauen, sich teilweise überlagernden Vierecken. Dort, wo Schwarz und Grau aufeinandertreffen, setzt Auer Blau ein. Daraus entsteht eine weitere Doppelreihe von blauen Rechtecken. (lac)

Werk(e) im Superblock

Aus dem Gleichen heraus (2003) Technik: 5 Siebdrucke aus 9er-Serie, Auflage 10/30 Masse: 72 x 52 cm Standort: 1. OG Pion 7

Auer behauptete schalkhaft von sich, er könne «nur vier zählen, dafür unheimlich kompliziert». Wie kompliziert, beweisen die beiden Serien «Aus dem Gleichen heraus». Beide Serien sind Druckgrafik. Im Vergleich zu den «Betonungsvarianten» durchspielt Auer in diesen Serien nicht die Variation einer Formentwicklung innerhalb einer 3 x 3-Quadratrasters, sondern beschränkt sich auf ein System von 2 x 2 Quadraten. Ein Viertel der vier Quadratflächen verwandelt in ein rechtwinkliges schwarzes Dreieck, das in jedem Gevierte eine andere Ausrichtung hat, so dann eine Art Rotation entsteht. In einem weiteren Blatt wird das Gesamtbild auf die vier Teilquadrate appliziert, was einer Vervielfältigung des Prinzips gleichkommt. Helmut Kruschwitz schrieb 1975 im Katalog «7 winterthurer konkrete»: «Für Alfred Auer ist nicht das Kunstwerk als endgültiges Ergebnis, sondern ihn fasziniert die Entwicklung einer Idee, die nur in einer Serie von Werken sichtbar gemacht werden kann. Im Mittelpunkt seines Interesses steht die Wechselwirkung zwischen Farbe als optisches Phänomen und dem aufnehmenden Auge als Sinnesorgan, das dem Gehirn Informationen zur geistigen Verarbeitung übermittelt».  Nicht immer offenbart sich einem auf Anhieb die den Werken eingeschriebene Systematik. Gewisse Abfolgen erinnern an Denksportaufgaben. Nicht von ungefähr war Auer ein passionierter Schachspieler. Die Faszination seines Œuvres liegt in der Mischung von nachvollziehbarer Logik, systematischer Verspieltheit und malerischer Präzision. (lac)

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