Vorlage für das kantonale Musikschulgesetz enttäuscht
Im Februar hat der Regierungsrat die Vorlage für das neue Musikschulgesetz verabschiedet und dem Kantonsrat weitergeleitet. Für die Stadt Winterthur ist diese Gesetzesvorlage eine Enttäuschung. Der Kanton verlangt in der aktuellen Vorlage hohe und kostentreibende Qualitätsanforderungen, sieht aber nur noch drei Prozent kantonale Beiträge für die Musikschulen vor. Dies obschon in den Vernehmlassungsantworten die Gemeinden und Musikschulen einen kantonalen Beitrag von zwanzig Prozent gefordert hatten. Zudem werden Infrastrukturkosten nicht als beitragsberechtigt eingestuft.
Am 12. Februar 2015 hat der Regierungsrat seine Gesetzesvorlage zum Musikschulgesetz zuhanden des Kantonsrats verabschiedet. Das Gesetz regelt die Organisation, Führung und Finanzierung der vom Kanton anerkannten und mit Beiträgen unterstützten Musikschulen.
Damit setzt der Kanton den Verfassungsauftrag des Bundes um, die musikalische Bildung – insbesondere von Kindern und Jugendlichen – zu fördern und sich für einen qualitativ hochwertigen Musikunterricht einzusetzen. Volk und Stände haben am 23. September 2012 die «Jugendmusikförderungsvorlage» an der Urne gutgeheissen, die Bund und Kantone beauftragt, Grundsätze für den Zugang der Jugend zum Musizieren festzulegen und die musikalisch Begabten zu fördern. Der Stadtrat freut sich, dass mit dem vorliegenden Gesetz das Angebot an ausserschulischem Musikunterricht für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene längstens bis zum vollendeten 25. Altersjahr an Musikschulen ermöglicht wird.
Die Stadt Winterthur stellt jedoch fest, dass in der Gesetzesvorlage die kantonalen Beiträge an den Betrieb von Musikschulen von ursprünglich zehn Prozent – wie in der Vernehmlassungsvorlage vom 10. Juli 2013 vorgeschlagen – nun auf drei Prozent gekürzt wurden. Die Gemeinden und Musikschulen forderten in ihren Vernehmlassungsantworten zum ursprünglichen Gesetzesentwurf einhellig einen kantonalen Kostenanteil von mindestens zwanzig Prozent.
Die geforderten, hohen Qualitätsvoraussetzungen für Musikschulen werden vom Stadtrat im Grundsatz nicht in Frage gestellt. Stossend an der Gesetzesvorlage ist aus Sicht des Stadtrates aber, dass der Kanton zwar hohe Qualitätsanforderungen für die Anerkennung der Musikschulen aufstellt, gleichzeitig aber nur für eine minimale Kostenbeteiligung bereit ist. So bestimmt das beantragte Musikschulgesetz unter anderen, dass die Musikschulen:
- ein Mindestangebot und den Zugang zu einem erweiterten musikalischen Angebot gewährleisten müssen,
- über eine qualifizierte Schulleitung verfügen müssen,
- dafür sorgen müssen, dass der Musikunterricht von Musikschullehrpersonen mit Hochschuldiplom oder gleichwertiger Ausbildungen erteilt wird
- die üblichen Qualitätsstandards für ihr Tätigkeitsfeld einhalten müssen
- über die notwendige Infrastruktur und das geeignete Instrumentarium verfügen müssen.
Der Gesetzesentwurf hält aber auch fest, dass an die Betriebskosten keine Infrastrukturkosten angerechnet werden können. Diese Kostenregelung steht im Widerspruch zur Vorgabe, dass die Musikschulen über die notwendige Infrastruktur und das geeignete Instrumentarium für eine Anerkennung verfügen müssen. Für den Stadtrat ist es stossend, wenn solche Infrastrukturkosten nicht zu den anrechenbaren Betriebskosten gezählt werden können. Somit werden die hohen Kosten der geforderten Infrastruktur an die Gemeinden überwälzt. Sollten einzelne Gemeinden finanziell nicht in der Lage sein, die Infrastrukturkosten der Musikschulen mitzufinanzieren, könnte das neue Gesetz für die Winterthurer Musikschulen existenzbedrohende Auswirkungen haben.
Auch dem verfassungsmässigen Auftrag der Begabtenförderung wird die Gesetzesvorlage nicht gerecht. So wird zwar festgehalten, dass musikalische Begabungen und besonders talentierte Schülerinnen und Schüler gefördert werden sollen. Der Kanton ist jedoch nicht bereit, sich an den anfallenden Kosten und an den Ausgaben der Förderungszentren (besondere Musikschulen) angemessen zu beteiligen.
Die Stadt Winterthur regt an, den Kostenanteil des Kantons anlässlich der Beratungen durch das Kantonsparlament auf mindestens zwanzig Prozent anzuheben (§8 Musikschulgesetz) und den Paragraphen 9 Absatz 4 des Musikschulgesetzes «Infrastrukturkosten gelten nicht als anrechenbare Betriebskosten» ersatzlos aufzuheben. Nur unter solchen Voraussetzungen – so die Überzeugung des Stadtrates sowie der Musikschulen – nimmt der Kanton den Verfassungsauftrag für die Förderung der musikalischen Bildung von Kindern und Jugendlichen ernst und fördert ein breitgefächertes Angebot an den Musikschulen in den Städten und Gemeinden des Kantons.