Stadtrat lehnt Initiative «Ja zu weniger Schulden» ab
Die kommunale Volksinitiative «Ja zu weniger Schulden» fordert eine Reduktion der Nettoverschuldung durch Ausgabenkürzungen. Der Stadtrat beantragt dem Stadtparlament, die Initiative für gültig zu erklären. Er empfiehlt dem Stadtparlament und der Stimmbevölkerung, die Initiative ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Sie hätte gravierende Auswirkungen auf die Lebensqualität in der Stadt Winterthur und würde ihre weitere Entwicklung gefährden.
Am 21. August 2025 reichte das Initiativkomitee die kommunale Initiative «Ja zu weniger Schulden» mit 1027 gültigen Unterschriften ein (Medienmitteilung vom 31. Oktober 2025). Die Initiative verlangt, dass die Nettoschuld der Stadt Winterthur in den nächsten rund zwanzig Jahren so weit reduziert wird, bis sie die jährlichen Steuereinnahmen nicht mehr überschreitet. Das entspricht etwa einer Halbierung der heutigen Schulden. Der geforderte Schuldenabbau soll rein durch Ausgabenkürzungen erreicht werden.
Der Stadtrat beantragt dem Stadtparlament, die Initiative für gültig zu erklären und verzichtet auf einen Gegenvorschlag. Gleichzeitig empfiehlt er dem Parlament und den Stimmberechtigten, die Initiative abzulehnen. Auch wenn der Stadtrat die Forderung nach einem schonenden Umgang mit den finanziellen Ressourcen stützt, ist er der Meinung, dass eine Ausgabenkürzung im geforderten Umfang schädlich für die Stadt ist und einer langfristig nachhaltigen Finanzpolitik zuwiderläuft.
Folgen für städtische Leistungen und Infrastruktur
Ende 2024 betrug die Nettoschuld der Stadt Winterthur 1,07 Milliarden Franken. Um die Vorgabe der Initiative zu erreichen, müssten die Schulden während zwanzig Jahren jährlich um rund 30 Millionen Franken abgebaut werden. Da der Schuldenabbau gemäss Initiative rein ausgabeseitig erreicht werden soll, müssten die laufenden Ausgaben der Stadt, ihre Investitionsausgaben oder beide Bereiche entsprechend gekürzt werden.
Die laufenden Ausgaben der Stadt Winterthur betrugen 2024 rund 2,1 Milliarden Franken. Ein grosser Teil davon ist durch übergeordnetes Recht vorgeschrieben und kann nicht einfach durch die Stadt gekürzt werden. Dazu gehören beispielsweise die Sozialhilfe, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, die Pflegefinanzierung oder die Löhne der Lehrpersonen. Kürzungen sind nur bei einem kleinen Teil der Ausgaben effektiv möglich. Darunter fallen die freiwilligen Leistungen der Stadt. Dazu gehören etwa die Kultur, die familienergänzende Kinderbetreuung oder der Sport. Für diese Aufgaben wendet die Stadt jährlich rund 85 Millionen Franken auf. Die von der Initiative geforderte Kürzung hätte starke Einschränkungen bei den städtischen Leistungen zur Folge.
Eine weitere Möglichkeit wäre es, bei den städtischen Investitionen anzusetzen. Derzeit gibt es jedoch einen hohen Erneuerungs- und Erweiterungsbedarf bei der öffentlichen Infrastruktur. Besonders ins Gewicht fallen die Grossprojekte zur Sanierung der Kehrichtverwertungsanlage und Abwasserreinigungsanlage sowie die Bereitstellung von dringend benötigtem Schul- und Betreuungsraum. In den kommenden vier Jahren sind Investitionen von durchschnittlich 350 Millionen Franken pro Jahr eingeplant. Unter diesen Umständen ist es bereits herausfordernd, die Neuverschuldung moderat zu halten. Um die Schulden gar im geforderten Umfang abzubauen, müssten die Investitionsausgaben auf jährlich rund 85 Millionen Franken beschränkt werden – ein Bruchteil des heute geplanten Umfangs.
Langfristig nachhaltige Finanzpolitik
Dem Stadtrat ist es wichtig, eine gesunde Entwicklung der Stadt Winterthur zu ermöglichen und mitzutragen. Er ist überzeugt, dass es angesichts der aktuellen Herausforderungen und angespannten Finanzlage der Stadt eine ausgewogene Sach- und Finanzpolitik braucht. Mit der Finanzstrategie 2023–2026 hat er seinen Plan zur Bewältigung der Herausforderungen bekräftigt und den Rahmen für eine nachhaltige Finanzpolitik definiert.
Ein Schuldenabbau, wie ihn die Initiative verlangt, hätte einschneidende Folgen für die Entwicklung der Stadt. Die städtischen Leistungen müssten abgebaut werden. Grössere Investitionen in die Erweiterung der Infrastruktur wären kaum mehr möglich und selbst der Unterhalt könnte nicht mehr vollständig gewährleistet werden. Die Lebensqualität der Stadt Winterthur und ihre Attraktivität als Wirtschaftsstandort wären gefährdet. Der vernachlässigte Unterhalt der Infrastruktur hätte zudem hohe Kosten für nachfolgende Generationen zur Folge. Der Stadtrat empfiehlt deshalb, die Volksinitiative ohne Gegenvorschlag abzulehnen.
Weisung an das Stadtparlament: parlament.winterthur.ch




