Mobilitätsinitiative: unnötiger Eingriff in die Gemeindeautonomie
Der Kantonsrat hat die «Mobilitätsinitiative» angenommen. Sie soll es den Städten erschweren, aus Gründen von Lärmschutz und Verkehrssicherheit Tempo 30 einzuführen. Der Winterthurer Stadtrat lehnt diesen Angriff auf die Gemeindeautonomie ab und beantragt dem Stadtparlament, das Gemeindereferendum dagegen zu ergreifen.
Der Kantonsrat hat am 31. März 2025 mit 88 zu 87 Stimmen der kantonalen Volksinitiative «Ge-meinsam vorwärtskommen auf Hauptverkehrsachsen – Ruhe im Quartier (Mobilitätsinitiative)» zugestimmt. Die Mobilitätsinitiative will der Stadt Winterthur das Recht entziehen, auf den überkommunalen Strassen, die im Eigentum der Stadt sind, die Höchstgeschwindigkeiten selber festzulegen. Zudem will die Initiative, dass künftig Abweichungen von der Höchstgeschwindigkeit innerorts von generell 50 km/h nur noch in «Ausnahmefällen auf kurzen Strecken» erlaubt sein sollen.
Die Kantonsverfassung räumt der Stadt die Möglichkeit ein, ein Referendum gegen vom Kantonsrat beschlossene Gesetzesänderungen zu ergreifen. Wie bereits die Stadt Zürich beantragt auch der Winterthurer Stadtrat beim Stadtparlament, das Referendum zu ergreifen.
Winterthur ist durch die Lärmschutzverordnung des Bundes verpflichtet, seine Strassen lärmtechnisch zu sanieren, wo die Grenzwerte überschritten werden. Zusammen mit lärmarmen Belägen ist Tempo 30 dazu das wirksamste Mittel. Daran ändert sich auch bei einer Übertragung von Kompetenzen an den Kanton nichts. Nach welchen Kriterien die Stadt die Höchstgeschwindigkeit verringern darf, ist schon heute klar geregelt und wird in jedem Fall mittels eines Gutachtens geprüft. In sämtlichen bisherigen, abgeschlossenen Gerichtsverfahren wurde die Anordnung von Tempo 30 aus Lärmschutzgründen in Winterthur gestützt.
Die Städte kennen die Situation vor Ort am besten und erarbeiten Strassenprojekte unter einer ganzheitlichen Betrachtung und mit Einbezug des Kantons. Eine neue, unklare Regelung führt dagegen zu Rechtsunsicherheit, komplizierteren Abläufen und verschleppten Sanierungsprojekten.
Die Kantonsverfassung sieht vor, dass Gemeinden ihre Angelegenheiten selbstständig regeln und ihnen das kantonale Recht dafür einen möglichst weiten Handlungsspielraum gewährt. Eine Übertragung der Zuständigkeit für einen Teil der Signalisation zurück an den Kanton ist ein unnötiger Eingriff in die Gemeindeautonomie.
Der Stadtrat erachtet die geplante Änderung des Strassengesetzes als verkehrs- und umweltpolitisch und raumplanerisch falschen Schritt und beantragt dem Stadtparlament daher, das Gemeindereferendum gegen den Kantonsratsbeschluss betreffend der «Mobilitätsinitiative» zu ergreifen.