KESB-Jahresbericht: Schwerpunkt häusliche Gewalt
Der Jahresbericht 2019 der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Winterthur-Andelfingen widmet sich dem Thema der häuslichen Gewalt. In zwei Interviews kommen Expertinnen von städtischen und kantonalen Fachstellen zu Wort. Sie zeigen die grosse Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit zur Bewältigung von häuslicher Gewalt.
Häusliche Gewalt wurde gerade in letzter Zeit medial und von Fachleuten vermehrt diskutiert. Im Jahresbericht der KESB kommen zwei Expertinnen von Organisationen zu Wort, die für die Arbeit der KESB von grosser Bedeutung sind.
Corinne Greuter ist eine erfahrene Polizistin und Mitbegründerin der Fachstelle Häusliche Gewalt der Stadtpolizei Winterthur. Sie gibt in einem Interview Einblick in ihren beruflichen Alltag. Die Arbeit mit Opfern von häuslicher Gewalt ist eine Herausforderung und verlangt viel Fingerspitzengefühl von Polizistinnen und Polizisten, ganz besonders, wenn Kinder involviert sind. Befragungen von Kindern werden von speziell ausgebildeten Fachpersonen im Beisein einer Kinderpsychologin durchgeführt. Die Polizei ist zu einer Meldung an die Kindesschutzbehörde verpflichtet, wenn Kinder direkt oder indirekt von häuslicher Gewalt betroffen sind.
Dass gerade Kinder sehr unter häuslicher Gewalt leiden, auch wenn sie diese «nur» beobachten, vermittelt das Interview mit Rahel Ott, Co-Leiterin der kantonalen Interventionsstelle gegen Häusliche Gewalt. Sie zeigt auch die Rolle der KESB auf: Diese erkennt problematische Muster früh und kann die Gewaltspirale manchmal stoppen, indem sie zum Beispiel gewalttätige Personen in Kurse schickt, die Handlungsalternativen und Bewältigungsstrategien vermitteln. Als letzte Möglichkeit wird das Kind von der Familie getrennt.
Reorganisation verteilt belastende Fälle auf mehrere Schultern
In den ersten Jahren seit der Einführung der KESB waren die Mitarbeitenden entweder auf Kindes- oder auf Erwachsenenschutzrecht spezialisiert. Das war sinnvoll, da so gezielt Fachwissen aufgebaut werden konnte. Allerdings zeigte sich auch, dass Kindesschutzverfahren belastend sind. Neu arbeiten deshalb alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowohl an Kindesschutzverfahren als auch an Erwachsenenschutzverfahren mit. Die Verteilung der emotional sehr anspruchsvollen Verfahren im Kindesschutz auf mehr Personen entlastet die einzelnen Mitarbeitenden. Zudem können alle ihr Fachwissen erweitern und neue Erfahrungen sammeln. Eine erste Bilanz der neuen Arbeitsweise fällt positiv aus.
Verfahren und Massnahmen der KESB
Im Kindesschutz wurden im Laufe des letzten Jahres 2836 Verfahren neu eröffnet (Vorjahr: 2902), im Erwachsenenschutz 2901 (Vorjahr: 2874). 5648 Verfahren wurden abgeschlossen. Diese Zahlen bewegen sich im Rahmen der Schwankungen der letzten Jahre.
Die häufigsten behördlichen Massnahmen sind die Beistandschaften, die durch berufliche oder private Mandatspersonen geführt werden. Braucht es sie nicht mehr, hebt die KESB die Beistandschaften wieder auf. Die bestehenden Kindesschutzmassnahmen stiegen im Vergleich zum Vorjahr minim auf 929 (Vorjahr: 913). Auch bei den erwachsenen Personen ist die Zahl der Beistandschaften nach wie vor in etwa stabil, Ende 2019 waren es 1875 (Vorjahr: 1856).
Die KESB ist bestrebt, für jede Situation eine für alle Beteiligten passende Lösung zu finden. Dabei ist sie stets dem Schutz der Schwächsten verpflichtet. 24 Kinder oder Jugendliche wurden gegen den Willen der Eltern in einer Pflegefamilie oder einer Institution untergebracht. 17-mal entschied die Behörde, dass eine erwachsene Person gegen ihren Willen länger als sechs Wochen in einer psychiatrischen Einrichtung bleiben muss (sogenannte Fürsorgerische Unterbringung).
Aufgaben der Kindes- und ErwachsenenschutzbehördeDie KESB wird nur dann aktiv, wenn es einen gesetzlichen Auftrag für ihr Handeln gibt. Die Arbeit der KESB erfolgt im Rahmen eines Verfahrens, das durch einen Antrag, eine Meldung oder von Amtes wegen ausgelöst wird. Eine Kernaufgabe der KESB liegt darin, für den Schutz von Personen zu sorgen, wenn diese nicht selbstständig in der Lage sind, Unterstützung einzuholen. So beispielsweise, wenn sie noch minderjährig, geistig behindert, psychisch beeinträchtigt oder schwer suchtkrank sind. Erfährt die KESB durch die betroffene Person selbst oder durch Angehörige, Nachbarinnen und Nachbarn, Polizei oder von anderen Personen von einer Gefährdungssituation, klärt sie ab, wie geholfen werden kann. Nötigenfalls setzt die KESB einen Beistand oder eine Beiständin ein, zum Beispiel, wenn eine betagte Person mit ihren finanziellen Angelegenheiten überfordert ist oder Eltern nicht in der Lage sind, sich genügend um ihre Kinder zu sorgen. |
Beilage
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KESB Jahresbericht 2019 |