Ein neuer Richtplan für Winterthur
Winterthur wächst – auch in den kommenden Jahren. Gestützt auf die «Räumliche Entwicklungsperspektive Winterthur 2040» wird mit der Gesamtrevision des kommunalen Richtplans aufgezeigt, mit welchen Massnahmen die wachsende Stadt als attraktiver Lebensraum für Mensch und Natur gestaltet und weiterentwickelt werden kann. Der kommunale Richtplan ist ein behördenverbindliches Steuerungsinstrument: Verwaltung und Politik müssen ihre Entscheidungen in Zukunft gestützt auf ihn treffen.
Winterthur wächst und wird weiter wachsen. Prognosen gehen von 135 000 Winterthurerinnen und Winterthurern im Jahr 2040 aus. Die Regionalplanung Winterthur und Umgebung (RWU) hat sich zum Ziel gesetzt, im gleichen Zeitraum bis zu 30 000 zusätzliche Arbeitsplätze auf Stadtgebiet anzusiedeln. Damit die Lebensqualität in der wachsenden Stadt hoch bleibt und die verschiedenen Bedürfnisse wie Wohnen, Arbeit und Bildung, Freizeit, Mobilität, Stadtklima und Natur, Ver- und Entsorgung und mehr aufeinander abgestimmt sind, ist eine Gesamtsicht nötig.
Der kommunale Richtplan fasst zahlreiche bestehende Planungen und Beschlüsse zusammen, vom städtischen Gesamtverkehrskonzept bis zum Klimaziel netto null CO2 bis 2040. Er definiert Massnahmen, Zeiträume und Zuständigkeiten und dient so als verbindliches Steuerungsinstrument für die Verwaltung und Politik. Es handelt sich um die erste Gesamtrevision des kommunalen Richtplans seit 1998.
Das Wachstum stadtverträglich steuern
Viele Erkenntnisse wurden bereits in der «Räumlichen Entwicklungsperspektive Winterthur 2040» vorgestellt. Der kommunale Richtplan konkretisiert sie nun. So soll ein bedeutender Teil des Wachstums in sechs Schwerpunkträumen stattfinden, die entlang des sogenannten urbanen Rückgrats liegen. Dieses bestens erschlossene Entwicklungsband spannt sich von Töss über das Stadtzentrum bis Oberwinterthur. Der Wirtschaftsstandort Winterthur soll sich in Zukunft noch stärker entwickeln und für Technologie und Innovation stehen. Damit dies gelingt, bedarf es zentraler, attraktiver Arbeitsplatzgebiete im urbanen Rückgrat. Es handelt sich dabei vorwiegend um Schwerpunkträume und einzelne, zentrale Gewerbegebiete in den Quartieren. Im Zuge der Planungsprozesse wird das Profil der Arbeitsplatzgebiete geschärft.
Dass in den Schwerpunkträumen bereits eine hohe Dynamik besteht, zeigt sich in zahlreichen Bauprojekten in der Grüze und in Neuhegi, im Gebiet des Masterplan Winterthur Süd, aber auch in den Ausbauplänen der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) im «Wissensquartier» zwischen Technikum und Zeughäusern sowie möglicherweise auf dem Lindareal der SBB.
Weil das Wachstum vor allem im urbanen Rückgrat stattfindet, werden die Quartiere entlastet. Sie können sich behutsam weiterentwickeln und ihre Identität erhalten. Priorität hat die Aufwertung der Ortskerne. Über das ganze Stadtgebiet gesehen sollen zudem Freiräume gesichert werden. Der grüne Saum am Stadtrand, eine Winterthurer Besonderheit, soll als Stadtrandpark als Erholungs- und Naturraum erhalten und entwickelt werden.
Klimaziele erfordern Mobilitätswende
Um das Netto-Null-Ziel bis 2040 zu erreichen, soll der motorisierte Individualverkehr (MIV) noch viel stärker auf flächeneffiziente Verkehrsmittel wie Bahn, Bus, Velo und Fussverkehr verlagert werden. Studien zu Winterthur und von weiteren Städten zeigen, dass zur Erreichung des Netto-Null-Ziels ein Umstieg ausschliesslich auf Elektroantriebe nicht ausreicht. Eine deutliche Reduktion des MIV-Anteils ist notwendig. Im Richtplan wird der Fokus deshalb auf eine Mobilitätswende gelegt. Ziel ist eine Halbierung des MIV-Anteils von 42 auf 20 Prozent. Ein beträchtlicher Teil des motorisierten Verkehrs ist heute hausgemacht: 10 Prozent aller Autofahrten der Stadtbevölkerung sind kürzer als ein Kilometer, rund die Hälfte aller Fahrten kürzer als fünf Kilometer. Mit attraktiven Velorouten, Hochleistungskorridoren für Stadtbus und einem Netz von sicheren und schattigen Fussverbindungen wird der Umstieg einfach gemacht.
Eine Stadt der kurzen Wege
Ein wichtiger Lösungsansatz ist zudem die «5-Minuten-Stadt»: Im Radius von 500 Metern befindet sich alles, was es für den Alltag braucht. So können Autofahrten vermieden werden. Der kostbare Raum wird für Wohnungen, Spielplätze, für Begegnung und Nachbarschaftszwecke genutzt. Für starke Quartiere und einen guten sozialen Zusammenhalt muss aber auch der Durchmischung Rechnung getragen werden. Sonst droht Verdrängung. Bei Auf- und Umzonungen von Arealen sollen – neben anderen Ausgleichsleistungen – jeweils zwischen 20 und 50 Prozent preisgünstiger Wohn- und Gewerberaum gesichert werden.
Der kommunale Richtplan liegt ab morgen und bis zum 27. November öffentlich auf. Während 60 Tagen können Parteien, Verbände, Vereine, aber auch Privatpersonen und Firmen Einwendungen einreichen. Die Inhalte des Richtplans sind auf stadt.winterthur.ch einsehbar, einzelne Aspekte werden zudem im Rahmen einer Ausstellung im Superblock vorgestellt. Ab Frühjahr 2024 wird das Stadtparlament Winterthur den bereinigten Richtplan-Entwurf behandeln und schliesslich auch festsetzen. Er bedarf der Genehmigung durch die kantonale Baudirektion.
Was regelt der kommunale Richtplan – und was nicht? |
Die Unterlagen der Auflage sind hier einsehbar.