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In geheimer Mission

Stadtbus Winterthur Geschichten Wettbewerb
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Der Bus der Linie 2 Richtung Bahnhof Winterthur ist schon gut besetzt. Die Leute sind unterwegs zur Schule, zur Arbeit ins Büro. Sitzplätze gibt es keine mehr. Mein Frauchen und ich stehen im Gedränge. Manchmal finde ich auf dem Boden noch Teile eines Gipfelis oder Reste eines Frühstücks. Claudia, mein Frauchen, zieht mich dann an der Leine energisch zurück und ruft: «Pfui!» Ein anständiger Hund macht das nicht.
Heute ist auch für uns ein neuer Arbeitstag. Claudia muss ins Büro und ich verbringe den Tag unter ihrem Pult. Beinahe bin ich froh, dass heute wieder Werktag ist, denn gestern war einmal mehr ein trauriger, einsamer Sonntag. Seit Peter, der Freund von Claudia, nicht mehr vorbeikommt, gibt es keine tollen Spaziergänge mehr. Niemand wirft für mich ein Stöckli. Claudia zieht sich nicht mehr hübsch an, lümmelt den ganzen Tag in Trainerhosen auf dem Sofa herum. Ich kann das traurige Gesicht Claudias nicht mehr mitansehen. Es muss sich etwas ändern.

Im Bus sitze ich eingeklemmt zwischen behaarten und glatten Beinen, zwischen Turnschuhen, Flip-Flops, Stöckelschuhen, ausgetretenen Latschen, schmutzigem und sauberem Schuhwerk. So vielfältig wie die Schuharten sind auch die Gerüche. Eine empfindsame Nase ist nicht unbedingt von Vorteil. Doch da schnuppere ich an einem Hosenbein, das angenehm riecht, und dazu gehören sauber geputzte Lederschuhe. Mich wundert, wem dies alles gehört. Mit der Schnauze stosse ich kräftig an das Hosenbein. Ein hübsches Gesicht neigt sich und eine angenehme Stimme sagt: «Du bist aber ein hübscher Foxli, da muss ich aufpassen, dass ich dir nicht auf die Pfötchen trete!» Der Mann ist sympathisch und scheint auch ein Herz für Hunde zu haben. Er ist es. Ich hebe mein Bein und ziele auf das Hosenbein, gleich wird es ihm ganz warm werden.

«Nein, so eine verdammte Sauerei, hat mich doch dieser Hund angepinkelt», ruft der Mann verärgert. Die arme Claudia ist ganz rot im Gesicht, was ihr besonders gut steht, und versichert: «Der Hund hat so etwas noch nie gemacht. Wir fahren jeden Tag zur selben Zeit mit dem Bus zur Arbeit. Vorher gehen wir immer Gassi. Entschuldigen Sie bitte. Selbstverständlich werde ich für den Schaden aufkommen. Schicken Sie mir die Rechnung der chemischen Reinigung.» Schon kramt Claudia ihr Visitenkärtchen aus der Handtasche und reicht es dem Mann.
«Ich werde es mir überlegen, aber eigentlich ist ja nichts Schlimmes passiert. Übrigens, ich bin Oliver Keller», stellt er sich lächelnd vor. Unterdessen hält der Bus an unserer Haltestelle und Frau Fischer und Herr Keller verabschieden sich voneinander. Wenn ich mich nicht täusche, was selten vorkommt, schreitet Claudia etwas beschwingter und zufriedener Richtung Büro.

Am nächsten Morgen winkt uns eine erhobene Hand «Hallo» und Herr Keller kämpft sich durchs Gedränge zu uns vor. «Guten Morgen Frau Fischer, auch wieder unterwegs?» Zu mir gewandt: «Heute trage ich saubere Hosen, und ich hoffe, du warst schon Gassi.» Herr Keller und Claudia lachen. Mit Plaudern, Zuhören und Lachen geht die Fahrt weiter.

Plötzlich ruft Claudia erschrocken: «Da ist schon die Haltestelle beim Technikum. Wir müssen sofort aussteigen, wir sind schon zwei Stationen zu weit gefahren.» Herr Fischer steigt mit uns aus dem Bus, er findet, ein bisschen Bewegung tue ihm gut. Wir spazieren zwei Stationen zurück, und Herr Keller und Frau Fischer verabschieden sich voneinander als gute Bekannte. Mein «Arbeitsmorgen» unter dem Pult verläuft sehr erfreulich. Claudia steckt mir öfter ein «Leckerchen» zu und meint, ich sei so ein guter Hund.

Heute ist Claudia irgendwie nervös. Sie trägt ein Kleid, das ich noch nie an ihr gesehen habe, und ich schnüffle ein Parfüm. Ruhelos tigert sie in der Wohnung umher, schüttelt ein Sofakissen zurecht, schiebt zwei Gläser und eine Schale Snacks auf dem Tisch hin und her. Schon wieder blickt sie aus dem Küchenfenster zur Eingangstür. Ding Dong. Vor der Tür steht Herr Keller. Schon längst begrüssen sich die beiden mit Claudia und Oliver.

Die Sache entwickelt sich prächtig und ich ziehe mich in mein Körbchen zurück. Ich träume, wie der Stadtbus uns drei nach Eidberg fährt und Oliver für mich Stöcklein wirft.

Autorin: Elisabeth K. 
September 2020

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