Ein Quantensprung in die Zukunft
Ein Quantensprung in die digitale Zukunft
Das Münzkabinett Winterthur macht seit einiger Zeit regelmässig Schritte in Richtung Digitalisierung. Nun setzt das Museum zum grossen Sprung an: Mit einem digitalen Portal (IKMK, Interaktiver Katalog des Münzkabinetts) vernetzt sich die Sammlung weltweit mit ähnlich gelagerten Museumssammlungen.
Das Winterthurer Münzkabinett hat in den letzten Jahren seine digitale Präsenz ausgebaut: In den sozialen Medien (Facebook, Twitter, Instagram) wurde eine Community aufgebaut und die Ausstellung «Griechen 3.0», die im September 2020 eröffnet wurde, kann mit interaktiven Inhalten per Tablet erkundet werden. Im zweiten Shutdown während der Pandemie erkundete das Museum neue Vermittlungsformen mit Kurzvideos.
Nun setzt das Museum zum Quantensprung an. Mit einem neuen digitalen Portal (ikmk-win.ch) wird die international bedeutende Münzsammlung weltweit mit ähnlich gelagerten Sammlungen vernetzt. Das Portal ist weit mehr als ein neuer Online-Katalog. Die Anwendung von «Normdaten», d.h. normierten, offenen Grunddaten (LOD: «Linked Open Data») und kollaborativer Software sorgt dafür, dass nicht nur Daten angesammelt werden. Über gemeinsam verwendete Standards kommunizieren diese auch untereinander. Damit kann die insulare Aufbereitung und Dokumentation von Sammlungsobjekten (Datenportale mit rein lokalen Daten), die im Museumsbereich leider immer noch die Regel ist, durchbrochen werden.
Das Münzkabinett schliesst sich gleich zwei grossen, internationalen Netzwerken an, die mit Linked Open Data arbeiten. Zu einen ist es ikmk.net, ein Netz von 30 grossen und kleinen Münzsammlungen in Deutschland, Österreich und Griechenland mit aktuell über 90'000 Datensätzen. Ankerpartner sind mit den Münzkabinetten von Berlin und Wien zwei der weltweit grössten numismatischen Sammlungen. Das Winterthurer Münzkabinett, als erster Schweizer Teilnehmer, wird strategischer Partner im IKMK-Netzwerk. Das heisst, dass es nicht nur Daten liefert, sondern sich auch aktiv an der inhaltlichen Weiterentwicklung des Netzwerks beteiligt, etwa durch die Erarbeitung von neuen Normdaten.
In einem zweiten Daten-Netzwerk, museum-digital.org, ist das Winterthurer Münzkabinett ebenfalls der erste Schweizer Ableger. museum-digital umfasst 860 Museen in Deutschland, Österreich, Ungarn, Rumänien, Irland, Brasilien, Indonesien und den USA mit zur Zeit 800'000 Datensätzen. Im Gegensatz zu den meisten anderen musealen «Metaportalen» fügt das Portal, genauso wie IKMK, nicht nur lokale Daten zusammen, sondern verknüpft sie über gemeinsame Normdaten miteinander.
Beide Netzwerke erlauben deshalb ganz andere Such- und Verknüpfungsmöglichkeiten als herkömmliche Metaportale, die in der Regel nur lokale Datensammlungen über eine Metasuche erschliessen. Für Benutzerinnen und Benutzer, die Objekte suchen, heisst das, dass die Suchresultate viel gezielter und aussagekräftiger sind als bei herkömmlichen Suchabfragen. Zudem bieten beide Netzwerke zahlreiche Suchmöglichkeiten mit strukturierten, mit Normdaten hinterlegten Schlagwörtern.
Der Winterthurer IKMK erschöpft sich aber nicht nur darin, dass erstmals ein breites Publikum direkten Zugang zur Sammlung des Münzkabinetts erhält, die sonst nur in sehr kleiner Auswahl bei Ausstellungen gezeigt werden kann.
Zusätzlich wird ikmk-win.ch mit internationalen wissenschaftlichen Fachportalen verbunden, die ebenfalls mit Normdaten arbeiten. So wird es möglich, Winterthurer Münzen einzubinden in wissenschaftliche Onlinekataloge und Projektdatenbanken, die weltweit Daten sammeln und auswerten.
Aktuell werden entsprechende Portale zu römisch-kaiserzeitlichen Münzen (Online Coins of the Roman Empire – OCRE), zu provinzialrömischen Münzen (Roman Provincial Coinage – RPC), zu seleukidischen (Seleucid Coins Online – SCO) und zu ptolemäischen Münzen (Ptolemaic Coins Online – PCO) mit Winterthurer Sammlungsstücken ergänzt. Verknüpfungen zu weiteren Portalen werden in der nächsten Zeit hinzukommen.
Damit fliesst die bedeutende Winterthurer Münzsammlung (mit über 60'000 Objekten) direkt in die internationale Forschung ein. Diese Portale und Netzwerke bilden auch das Rückgrat für die künftige wissenschaftliche Arbeit im Bereich der Münz- und Geldgeschichte der Antike, des Mittelalters und der Neuzeit.