Verständlich, aber gefährlich
ANDRI BRYNER
Der Stadtrat schiebt die Volksabstimmung über die Verselbstständigung der Städtischen Werke auf unbestimmte Zeit hinaus. Die Begründung, der Bundesrat habe mit der Verschiebung der Abstimmung über das Elektrizitätsmarktgesetz (EMG) neue Bedingungen geschaffen, leuchtet ein. Im Sommer 2000, als der Stadtrat das Projekt beschlossen hatte, sah der Fahrplan für die Strommarktöffnung noch optimistisch aus. Aber nun ist Sand im Getriebe. Gegen das EMG wurde das Referendum ergriffen, seine ursprünglichen Befürworter werden immer stiller, und das Zürcher Stimmvolk hat die Privatisierung des kantonalen Elektrizitätswerkes verworfen. Der Aufschub ist also sachlich erklärbar, hat aber ohne Zweifel einen politischen Hintergrund.
Die Grossabnehmer haben dank internationaler Konkurrenz ihre Stromrabatte ausgehandelt, die «Mittelgrossen» merken, dass sie im europäischen Vergleich so schlecht gar nicht dastehen, und die Haushaltkunden verlangen immer genauer Auskunft darüber, wem die Gewinne zufliessen, wer Verluste zu tragen hätte und wer die Versorgung im freien Markt garantiert. So gesehen sät der Verweis, man werde in der Vernehmlassung zur EMG-Verordnung noch Sicherheiten fordern, eher Misstrauen, als es zu zerstreuen. Die Vorlage allzu lange vor dem Volk herzuschieben, könnte für den Stadtrat zum gefährlichen Bumerang werden und einen Abstimmungserfolg erschweren. Vor allem dann, wenn die Stadtwerke als flexibler Verwaltungszweig weiter so gut geschäften wie zurzeit - und das will ja niemand ändern.